Wie uns ein Virus de-maskiert und hilft, heil zu werden

Ten days. Darkness. (…) The Great Awakening.
(Q-Post 88)

Das Wirkliche ist nicht das, was wir wahrnehmen und was uns sichtbar vor Augen steht, sondern das, was wirkt. Das aber, was wirkt, liegt im Unsichtbaren, im Geistigen. Um das Wirkliche „sehen“ zu können, muss ich also die Augen des Geistes öffnen.

Ich sehe besser bei Nacht. Im Dunklen erst kann ich die Heimat der Dinge finden. Und meine innere Heimat. So dunkel wie im Inneren eines Kerns, in dem schon alles vorhanden ist und der noch verschlossen unter der Erde liegt. Wenn die Sonne untergeht und meine Augen sich langsam an die Lichtruhe gewöhnen, öffnet sich der stille Raum bis hinauf zu den Sternen im großen Dunkel mit ihrem langen Atem.

Diejenigen aber, die ihre innere Heimat verloren haben, haben Angst vor der Finsternis, denn sie ist ihnen fremd. Vertraut ist ihnen nur das Beleuchtete: die Bildschirme mit den täglichen Nachrichten, die bunten Smartphone-Oberflächen und die ständige helle Aufregung. Das ist ihre Welt.

Wovor haben wir solche Angst? Vor Krankheit? Vor Tod? Nein, was uns Angst macht ist das Unbekannte, das Fremde. Aber nicht alles Fremde macht uns Angst, sondern das Fremde, das wir nicht greifen und kontrollieren können. Sieht man einen Kranken, ist er häufig der Ruhigste und Vertrauensvollste unter den Umstehenden. Ebenso ein Sterbender. Aber die Menschen um sie herum können vor lauter Angst und Aufregung gar nicht still sein und verbreiten ihren nervösen Aktionismus. Ärzte können das täglich professionell praktizieren und sich als Anführer der Ängstlichen zu Diensten stellen.

Wenn etwas Großes stirbt

Wenn so ein angstgesteuerter Aktionismus und aufgeregtes Durcheinander das Kollektiv ergreifen und im Minutentakt über alle Monitore flackern, dann können wir davon ausgehen, dass etwas Großes stirbt. Und die Menschen strampeln, weil sie keine Kontrolle haben. Weil sie kein Vertrauen haben. Weil sie nicht gelernt haben sich in etwas Größeres fallen zu lassen.

Und die Angst macht eng und krank. Also rennen die Menschen zum Arzt und ins Krankhaus. Ihre Lunge kommt in Atemnot, die Angst-Enge verhindert das volle Ein- und Ausatmen, sie müssen künstlich beatmet werden. Die Maschine atmet für sie, weil das Lebendige ihnen Angst macht.

Aber die Angst verhindert auch die Heilung. Heilung – wieder so etwas, das wir nicht kontrollieren können. Etwas, das wir deshalb im Medizin-Business abschaffen mussten. Sie zu nennen klingt immer unwissenschaftlich und ein wenig peinlich. Rational hingegen klingt es, Krankheiten „in den Griff zu bekommen“. Die Medizin als Dompteur der Natur. Die Pharma-Branche als Waffenhersteller für den Krieg gegen das Leben: Antibiotika, dubiose Impfstoffe und sonstige Zellgifte. Der Arzt als pharmazeutisch gedrillter Soldat an der Front gegen den Feind: gegen die Verkörperung des Bösen. Und wie verkörpert sich das Böse? Mikroskopisch. In einem „Virus“.

Was ist ein Virus? Eine Idee. Eine Theorie, die keiner ernsthaft wissenschaftlichen Prüfung standhält. Aber sie stellt eine Verbindung her zwischen Angst, Bildern und dem Bedürfnis, einen bekämpfbaren Feind und Bösewicht zu haben. Zu Deutsch: einen Schuldigen. Die „Virus“-Idee dient als Projektionsfläche für unsere tiefsitzenden Ängste und Abwehrmechanismen, die uns sagen: das Böse ist immer da draußen! So ein Virus als Produktion von Populär- und Pseudo-Wissenschaft erfüllt alle Bedürfnisse des Publikums nach einfachen Bildern und einem gemeinsamen Feind. Und so verneigt sich die ängstliche Glaubens-Gemeinde der Wissenschaftsfrommen vor den weißen Priestern aus den Bio-Laboren, lauscht den Predigten der Institute und legt sich gern freiwillig als heiliges Versuchskaninchen auf den Altar der Testungen.

Die Menschen gehen zum Arzt wie man ein Auto zum Kfz-Mechaniker bringt. Er soll mit ein paar klugen Handgriffen alles wieder „in Ordnung“ bringen. In was für eine Ordnung? In die gewohnte. Das bedeutet: reibungsloses Funktionieren. Etwas Höheres kennt der moderne Mensch kaum noch. Sein innigster Wunsch ist: normal zu funktionieren. Das ist also die Zwischenbilanz eines tausende von Jahren alten Christentums und 250 Jahre nach der Aufklärung: der Mensch möchte eine Maschine sein. Wir beneiden die Computer, diese von uns erschaffenen Super-Autisten, weil sie so logisch und so schmerzfrei sind. Ob wir deshalb die kleinen Götzen immer bei uns tragen müssen? Sind Smartphones nicht spiritueller als wir? Sie haben doch kein Ego und sind mit allen anderen (Geräten) verbunden in einer weltweiten Netzwerkgemeinschaft. Wir sind die sehnsuchtsvollen Anhänger, die von ihnen mitgenommen werden wollen.

Wohin? In das virtuelle Land „Körperlos und Gefühllos“. Das Streben nach Selbstvergessenheit besonders für alle, die sich selbst nie kannten. Ein Pseudo-Ausstieg bevor man überhaupt jemals eingestiegen ist.

Hauptsache die Illusion von „Alles unter meiner Kontrolle“ bleibt bestehen! Wie gesagt: wir haben nicht Angst vor dem Unsichtbaren. Wir haben Angst vor dem, was sich unserer Kontrolle entzieht. Wir spüren etwas und können es nicht greifen. Um unsere vage Ahnung herum, um die verschwommenen Konturen des Fremden in der Dunkelheit herum ranken sich dann unsere Fantasien und schüren unsere Ängste. Und unser Instinkt wehrt sich mit hitzigem Aufruhr und möchte kämpfen oder fliehen. Aber wie können wir vor unseren eigenen Chimären und Albträumen weglaufen? Wohin wir auch gehen, sie werden doch nur noch größer, je mehr wir uns fürchten. Das ist ein seltsames Feuer in uns, während um uns herum alles ruhig ist und die Vögel singen. Die Hölle – ein Produkt der Angst.

Das winzige Böse

Damit wir es auch alle glauben, werden wir über alle öffentlichen Kanäle informiert, dass der Widersacher auf Erden angekommen ist. Er wagt es, es mit unserem Götter-Network und unseren wissenschaftlich geprüften Kontrollsystemen aufzunehmen. Aus dem Nichts heraus betritt er die Bühne der Presseagenturen: ein Winzling, der überall hindurch dringen kann, weil er so klein ist, dass man ihn nicht einmal sehen kann. Aber dafür können wir ihn uns umso besser vorstellen. Es grassiert ein Bild, das unsere Fantasie befeuert und uns aufregt.

Dieses Virus-Bild ist wirklich, denn es wirkt. Die Idee des unsichtbaren, durchdringenden, parasitären, zerstörenden, rücksichtslosen, omnipräsenten, sich selbst vervielfältigenden Winzigen Bösen geht um und wirkt. Wenn auch nicht auf den Körper, der Millionen Jahre Evolution und Biointelligenz in sich trägt, so doch auf unsere Hirne. Unser mentales Immunsystem scheint sehr schwach und sehr anfällig zu sein. Oder sollen wir sagen: minderbemittelt?

Mit den Augen können wir zwar Wirkungen sehen, aber die Wirklichkeit des „Virus“ ist nur für das Auge des Geistes erkennbar. Denn die Wirklichkeit des Bildes formt sich aus den vergessenen und vernachlässigten Bestandteilen unserer Traumwelt, aus den weggeschobenen, abgelehnten, verfluchten und gefürchteten Bruchstücken unserer Wesensnatur, die sich nun in den Vordergrund drängeln und mitreden wollen:

Die wirklichen Gesichter des „Virus“

Was spiegelt uns dieser Übeltäter von uns selbst zurück? Was entlarvt er über uns im großen Stil, was wir sonst gerne unter den Teppich des Medienlärms kehren?

Welche Archetypen und Figuren können wir erkennen an dieser mächtigen auftauchenden Gestalt aus der kollektiven Psyche?

Der Luftvergifter

Seit hundert Jahren geistert die Angst vor der Luft-Vergiftung durch die moderne Welt. Vielleicht seitdem wir wissen, dass Kriege mit Giftgas geführt werden können? Was auch immer der Auslöser war, der kollektive Motiv-Fundus der Menschheit hat diese neue Maske der Angst weltweit herausgekramt: die Bedrohung, die in der Luft liegt. Der moderne Mensch hat gelernt, sich bis in seine Atemluft hinein verletzlich zu fühlen.

Und von Verletzlichkeit ist es nur ein kleiner Schritt zu Ohnmachtsgefühlen. Unsere sozialen Ängste greifen auf den Instinkt über und was wir am meisten und stetig brauchen – Luft zum Atmen – ist plötzlich der Willkür der Mächtigen und Bewaffneten unterworfen. Atmen und Luftinhalte werden eine militärische Angelegenheit. Die Zeit, in der die Luft nur zur Natur (und damit zu Gott) gehörte, ist endgültig vorbei. Nun ist auch die Luft manipulierbar geworden. Wer spricht hier anderes als der gute alte Teufel im schicken neuen Gewand – in einem weißen Arztkittel zum Beispiel?

Der Diabolus wirft uns in die Ambivalenz der Abhängigkeit: wir brauchen Luft und können nicht ohne sie leben, aber sie könnte vergiftet sein! Einerseits ist sie das Natürlichste des Lebens, andererseits haben wir Angst vor ihr und rufen nach künstlicher Medizintechnik und menschen-gemachten Chemiecocktails, um sie zu kontrollieren und „in den Griff zu bekommen“. Denn sie könnte etwas enthalten, das gegen mich ist. Jeder der die Botschaft aufgenommen hat, versteht bis in seine Lungenspitzen hinein: Atmen ist zu einem Risiko geworden – weltweit, für alle und den ganzen Tag.

Wir haben das langsam lernen müssen. Die FCKW-Lüge hat noch keiner so recht beachtet. Der Ozon-Schwindel griff auch nicht lange. Aber zuletzt war die Angst endlich reif geworden, so dass die Peri-Pubertären der Bevölkerung sich in ihrer Angst vor CO² verbünden und die Zeremonien der Irrationalität wieder einführen konnten. Die Neophyten der Klimahysterie ließen sich von ihren finanziell gut ausgestatteten NGO-Priestern die neuen Dionysien wöchentlich freitags einrichten. Der Tag der Venus wurde zum Tag des Pan. Denn Schönheit, Harmonie und Liebe sind überflüssig in Zeiten kollektiv-verordneter Panik.

Jetzt aber ist der Angst-Mythos für die gesamte Bevölkerung amtlich: die Luft kann sterbenskrank machen. Atmen kann tödlich sein und das Unsichtbare liegt nun für Hinz und Kunz permanent als potenziell Tödliches in der Luft. Die Frage im Alltags-Thriller, ob die Luft rein sei, führt direkt in die existenzielle Unsicherheit: ich weiß es nicht, mein Nächster weiß es auch nicht und die Tests der Ärzte sind so wenig valide wie spätrömische Orakel-Zeremonien. Welcher Priester, welches Orakel kann uns jetzt noch sagen, ob wir frei atmen können?

Der bedrohliche Winzling

Was uns da entwischt und aus der Unsichtbarkeit heraus bedroht, sind winzige Partikelchen, die wir nie gesehen haben. Früher hatten die Menschen Angst vor übermenschlichen Kräften, vor Riesen, Göttern und Titanen – also vor Kräften aus der Wirklichkeit, aus dem Geistigen, in dem Menschen früher ihre Heimat sahen. Der vollständig entgeisterte Materialist hat heute jedoch Angst vor der allerkleinsten Materie.

Oder sollen wir das biblische Zittern wieder lernen und die Ehrfurcht? Zumindest die Medien-Propheten des Angst-Kults geben uns guten Grund dazu, nun endlich das auszuleben, was uns schon lange verunsichert und erschrickt: dass wir kein Vertrauen mehr haben. Der Stoff „Vertrauen“ ist uns ausgegangen. Es hilft uns auch nicht, dass sich täglich neue Anwärter dafür bei uns bewerben: wir sind emotional pleite und „das Virus“ macht es bloß sichtbar.

Der Unruhestifter im Kontrollsystem

Für uns ist der Wahn normal geworden, wir könnten mit unseren Technologie-Spielzeugen und unserer „Wissenschaft“, die Natur in den Griff bekommen. Dabei tun wir nichts anderes, als an dem Ast herum zu sägen, auf dem wir sitzen, und an den Wurzeln herum zu schneiden, die uns ernähren. „Wissenschaft“ ist tatsächlich längst zu einer völlig verblendeten Religion des Kontrollwahns mutiert. Und ihr Lieblingszögling ist die „Medizin“. Die fanatischen Kulte, die unter ihrem Namen wirken, sind beseelt von Angst, Machtgier und Geltungsdrang. Dafür gehen sie über Leichen, nachdem sie Ethik und Moral schon geopfert haben.

Die Geister, die sie riefen und schufen, werden sie nun nicht mehr los, die schwarzen Zauberlinge. Und das „Virus“, mit dem sie alles unter ihre tödliche Kontrolle bekommen wollten, ist nun außer ihrer Kontrolle. Ein Schwarzmagier versteht nichts von Weißer Magie. Er erkennt sie erst, wenn es für ihn zu spät ist.

Statt eines real gefährlichen Virus kommt nun also ein Illusions-Virus daher, beendet das Illusionstheater und lässt die Kaiser und Kaiserinnen des Medienrummels ohne Kleidung defilieren – einer nach dem anderen auf ihrem Weg in die Bedeutungslosigkeit.

Der Masken-Bildner

Die Angst berät uns sorgfältig: verdecke Mund und Nase! Also legen wir uns eine Stoffmaske übers Gesicht. Das öffentliche Leben ist offiziell Kriegs- und Seuchengebiet und wir sind nur temporär Überlebende. Ob nun als Alltags-Soldaten oder als pflichttreue Assistenten am OP-Tisch menschlicher Begegnungen: die Maske erlaubt uns, endlich gesichtslos und ohne Individualität aufzutreten und dabei sogar noch das Prädikat „gesundheitlich wertvoll“ nach außen zu tragen. Der auffällig Vermummte kann sich jetzt als gewissenhafter Schutzmann für sich selbst und die Gemeinschaft fühlen.

Durch diese für alle identisch aussehende „synthetische Ersatzpersönlichkeit“, hergestellt in China und Indien, können wir nun sprechen (per-sonare = „hindurch tönen“). Wollten wir nicht schon immer alle gleich sein?

Wir begegnen der Welt nur noch mit heruntergeklapptem Visier und sprechen nur noch hinterm Vorhang. Der Mundschutz ist auch Sichtschutz, durch den niemand mehr erkennen kann, ob ich gerade lächle oder mir auf die Lippen beiße. Die Virus-Maske erlaubt emotionslos zu scheinen. Cool eben.

Der furchterregende Straßenfeger

Auf diese Weise können wir unser lange aufgeschobenes und verstecktes Bedürfnis nach Nicht-Kontakt und Kommunikationslosigkeit endlich leben, insbesondere den Wunsch, dass die anderen doch bitte mal den Mund halten sollen. So ganz schamlos und selbstbewusst gelingt uns das zwar nicht, aber gerechtfertigt und entschuldigt sind wir. Denn das sonst auffällig unsoziale und irritierende Vermeiden von Kontakt ist jetzt soziale Norm und moralisches Vorbild. Sprachlosigkeit und Nichts-zu-sagen-Haben werden von der unbequemen Direktive zur bequemen Norm für den inneren Kontaktmuffel. Jede Sperrigkeit im Kontakt ist nun epidemiologisch verzeihlich.

Die Virus-Angst erlaubt uns, uns von anderen fernzuhalten, weil sie uns fremd sind. Das ist die Stunde der Sozialphobiker, der Autisten, Asperger und „Hochsensiblen“. Endlich sind die Prinzipien menschlicher Kommunikation und des Austauschs außer Kraft gesetzt. Was für eine Erleichterung!

Dieser flotte Straßenfeger schafft es: wo Menschen für gewöhnlich Neugier, Interesse und Anziehung erleben, dürfen jetzt die Gegenkräfte das Leben gestalten: Gleichgültigkeit, Kontaktscheu und Abstoßung. Man darf jetzt auch offen seine Aggressivität und Feindlichkeit ausleben, denn jetzt gilt man dadurch umso fürsorglicher und schutzbewusster. Als größte gemeinsame Nenner bleiben dabei Hilflosigkeit und Misstrauen und so können wir uns endlich wieder als Gemeinschaft fühlen: die Gemeinschaft der ausgelieferten Opfer.

All das sind wir immer schon, aber jetzt dürfen wir es ungehemmt ausleben und haben dabei sogar das Ordnungsamt auf unserer Seite. Die Atemschutzmaske sorgt dafür, dass wir unsere sozialen Masken fallen lassen. Und was da hervorkommt ist, dass wir viel mehr fremdeln, viel mehr Abstand bevorzugen (1,50 Meter mindestens!) und viel authentischer missgelaunt sind, als wir uns sonst zu zeigen trauen.

Und so erkennen sich die Glaubensbrüder und -schwestern der Angst schon von Weitem: die frommen Gutgläubigen, die Mundschutz tragen. Und noch höher stehen die bewundernswerten Märtyrer der Volksgesundheit mit dem besonders teuren Mund- und Nasenschutz. Da sind aber auch die Heiden ohne jeglichen erkennbaren Schutz und schließlich die schamlosen Ketzer, die sogar lächeln und fröhlich sind (und sich nicht an den Mindestabstand halten).

Erhellend ist, wie besonders gewissenhaft sich die Ökoanhänger und die Menschen der alternativen Lebensträume dem medizinischen Jüngsten Gericht beugen. Der wahre Gläubige möchte ein angstvolles Schaf bleiben und geführt werden von einer saftigen Lüge zur nächsten. „Und führe mich nicht in Erkenntnis, sondern belasse mich in meiner Naivität und erlöse mich vom Denken.“ Nur sie wissen, was den Zweiflern nicht zugänglich ist: dass „so etwas wie 1933 uns nie wieder passieren kann!“ Deshalb fordern sie auch noch strengere Gesetze und noch drakonischere Strafen gegen Abweichler. Das „Virus“ bringt alle auf Linie.

Bevor wir ein Ostern als Fest der Wiederauferstehung haben können, brauchen wir diesen Schwarzen Karneval und 10 Tage Aschermittwoch zur De-Maskierung und Enthüllung: in hässlichen Zeiten dürfen wir alle hässlich sein. Und so schreiten wir nun kollektiv durch die Asche unserer ausgebrannten Hybris und überspannten Entfremdung.

Der Regel-Junkie

Jedes Volk reagiert anders auf die ansteckende Angst und in den spontanen Erstreaktionen zeigt sich das Wesen der Völker in ungeschminkter und zuweilen grotesk verzerrter Form. In Deutscheland ist die erste Reaktion der verzweifelte Ruf nach Regeln und Gesetzgebern. Denn daran scheint es nun am allermeisten zu mangeln. Die erste Frage ist deshalb: „Was soll ich tun?“. Gibt es denn niemanden, der Befehle erteilt und strenge Verkehrsregeln für die Menschen aufstellt, so dass man sich weiterhin im Gehorsam geborgen fühlen kann? Die erste Geste des dressierten Deutschen ist die der Verantwortungsabgabe. Doch dieses „Virus“ ist intelligent und trifft uns unvorbereitet. Niemand ist fähig, Verantwortung zu übernehmen, und niemand fühlt sich verantwortlich. Da bricht hier und da schon die Sehnsucht nach einem starken Führer hervor. Nur ganz verschämt, weil man’s uns doch verboten hat. Und die Impulsiven reagieren mit der Inversion ihres Wunsches nach Ordnung: gerade jetzt muss man dem Chaos und der Anarchie doch endlich eine Chance geben!

Not macht erfinderisch, aber Angst lähmt. Und hier in Angstland ist Lähmung die gewohnte Dauerreaktion auf jegliche Veränderung. Da wird nichts hinterfragt, geschweige denn Lösungen erfunden, sondern man bleibt bei der bewährten Strategie aus stiller Kapitulation und naivem Gehorsam.

Denn das ist eine besonders geliebte Idee der Deutschen: dass wir das Leben in den Griff bekommen, indem wir es einschränken. Wenn wir ganz still sind, die Luft anhalten, mit gerunzelter Stirn alle anderen zu Regeln und Disziplin ermahnen, vielleicht geht das Virus dann an uns vorüber ohne uns zu bemerken? Oder vielleicht bekommen wir von ihm sogar eine Auszeichnung für besonders gute Kollaboration? Vielleicht sollten wir den ein oder anderen Regelbrecher diesem Virus melden, dass er ihn doch bitte infizieren und abtransportieren möge? An den schnellen Bau von Konzentrationslagern für irgendwie „Infizierte“ und Auszusondernde sind wir schnell wieder gewöhnt.

Ganz sicher: wenn wir uns allen unterwerfen, die Kommandos rufen und eine Agenda haben, dann muss doch irgendwann ein (Oster-?) Wunder geschehen und wir werden vom großen Papa gerettet, oder nicht?

Was wir verpassen in unserer Angststarre ist das Leben selbst. Wir heben erstaunt und erschrocken den Kopf und fragen unseren Nachbarn: „Glaubst du noch an ein Leben vor dem Tod?“

Der Revolutionär

Was die französische Revolution und jede andere danach nicht erreichten, schafft das Virus jetzt in stiller Arbeit in wenigen Wochen: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Die Freiheit von Ordnung und von den Regierenden. Die Gleichheit vor dem Infektionstest und die Brüderlichkeit in der Hilflosigkeit und Verwirrung. Dieser Virus eint die Menschen, weil er sich als Feind gegen alle Menschen zu wenden scheint.

Gegen alle? Oh nein, dieser gescheite Revolutions-Virus ist tatsächlich unbestechlich und hat eine große Präferenz für die High Society, die Stars der Meinungsmache und die Häupter krimineller Netzwerke. Je weiter oben du in der Pyramide des Betrugs und der Menschenverachtung stehst, desto anfälliger bist du für diesen Mikro-Braveheart. Regierungschefs fallen, Könige und Königinnen fallen und sogar der Papst wird sterbenskrank und verabschiedet sich von seinen Schäfchen.

Und was wäre das Virus ohne seine Marketingabteilung? Die beste weltweit, wie es scheint, denn sie eroberte alle Zeitungen und Medien der Welt „im Sturm“. Und auch die Politiker hat sie gut im Griff: alle blasen in das gleiche Horn der Unvernunft: Es muss mehr Chaos geben! Wann hat die Welt zum letzten Mal wie aus einem Mund von nur einem Thema gesprochen? Dieser „Virus“ kommt wie ein Prometheus daher und möchte wohl die Menschen von ihren falschen Göttern befreien.

Der fieberhafte Erlöser ist für beide Seiten da: die Unterdrückten werden befreit von der Plage und dem Gift der Lüge und die Unterdrücker erhalten die Gnade, trotz ihrer Verbrechen an der Menschheit ohne eine öffentliche Bloßstellung sang- und klanglos in den Orkus zu verschwinden. Man sagt: „sie hatten ‚das Virus‘“ und die Gnade ist, ad hoc vergessen zu werden.

Der Nachrichten-Macher

Dieser Aktivisten-Virus macht, dass wir uns noch eifriger engagieren im Kult der Informationsflut und der Hörigkeit gegenüber den Nachrichten-Sendern: „Achtung, Achtung, hier spricht die Angst!“ Das Virus betritt als neuer Regierungssprecher die Pressekonferenz und verkündet die Botschaft: „Ihr habt noch nicht genug Angst. Ihr müsst euch mehr Mühe geben! Und helft auch euren Mitbürgern, dass sie in ihrer Angst nicht nachlassen.“ Es folgen Angst-Maßnahmen, Angst-Interviews, Angst-Talkshows, Angst-Dokus und abends dann die aktuelle Angst-Schau.

Der wohltrainierte Mensch als Empfangsstation des zentralen Sendeapparates möchte die Krone einer Schöpfung sein, aber er kennt den Schöpfer nicht, dem er blind vertraut: die Gremien der Rundfunk-Intendanten, die von den freundlichen Scharen der Geheimdienste handverlesen und stets unterstützt sind. Als Krone des neuen „braven Soldaten Schweig“ bekommt er eine Antenne auf den Kopf und das smarte Zepter in die Hand: damit er immer online und bestens in-formiert ist.

Der ätzende Natur-Botschafter

Nachdem wir nun jahrelang den Fantasien der Ent-Grenzung verfallen waren, überkommt uns in den letzten Tagen und Wochen eine seltsame Angst vor zu wenig Grenzen. Das ewige Pendel der Psyche schlägt in die andere Richtung aus und wer sich bisher weit aus dem Fenster gelehnt hat, der hofft jetzt auf einen weichen Boden oder verlässliche Staatskontrolle. Es geht um Gleichgewicht. Nach dem neurotisch-verblendeten Geschrei für allzeit offene Grenzen, Grenzauflösung und Grenzenlosigkeit, kommt nun das ebenso neurotische Zetern nach Grenzverstärkung und Quarantäne: der Mensch im Wahn kann seinem eigenen Immunsystem nicht mehr vertrauen.

Nach der Invasion kommt nun die Infiltration. Welcher Filter hilft uns noch, wo wir doch bis zuletzt keinerlei Grenzen und Beschränkungen für Fremde mehr wollten? Extreme machen immer krank und Angst. Ist das nicht sichtbar genug?

Nun sollen also das System und die anderen es regeln (wie immer): die Menschen sollen noch mehr Abstand halten, Gummihandschuhe tragen, Glasscheiben montieren und am besten gar keinen Kontakt mehr aufnehmen. Denn merke: kein Mensch ist illegal, aber jeder Mensch ist eine potenzielle Bedrohung, ein potenzieller Seuchenträger. Und das einzige was jetzt noch hilft, ist: mehr Plastik und Synthetik zwischen den Menschen. Das Pendel schlägt zurück auf der Suche nach der gesunden Mitte.

„Zurück zur Natur!“ Wollen wir das? Sie macht uns doch sehr misstrauisch! „Bitte Abstand halten“ ist die beste und bündigste Zusammenfassung der modernen Naturbeziehung. Die Lektion, die uns noch bevorsteht, ist, dass nicht wir zur Natur zurückmüssen, sondern dass wir die Natur wieder an uns herankommen lassenmüssen. Und während wir noch versuchen, unsere kleine Kontrollillusion zu erhalten und dafür jede Kreativität in Angst ersticken, erfindet die Natur wie schon seit Urzeiten spielerisch immer neue Partikel, Viren und Stoffe, um ihre größte und heilsamste Botschaft für uns zu erhalten: du bist sterblich.

Und die Kinder spielen derweil fröhlich im Garten, weil sie endlich lange Frühlingsferien haben.

Der große Wandler

Der „Virus“ ist Träger einer großen Wende: das Unterdrückte wird sichtbar, das bisher Versteckte kommt ans Licht, Dunkles wird ausgeleuchtet, die Reichen sind arm dran, die Mächtigen sind ohnmächtig, die „Wissenschaftler“ reden dummes Zeug, die „Alternativlosen“ stehen in der Sackgasse und die Berufs-Toleranten dulden keine Abweichungen mehr.

Aber auch: die Spinner von gestern werden zu den Aufgeklärten und Wissenden von morgen, die Skeptiker und Vorsichtigen erhalten Bestätigung und Gehör, Tabu-Themen werden zu Straßenthemen und alles Alternative wird zur Hauptströmung. Die bisher Hoffnungslosen schöpfen wieder große Hoffnung und viele ernste Gesichter der letzten Jahre werden plötzlich hell und fröhlich.

Nie war der Unterschied zwischen den Skeptikern und den Mitläufern so groß wie in diesen Tagen: während die einen mit leichtem Herzen und einem Strahlen im Gesicht durch die Reihen der Verängstigten und Gestressten gehen, finden die anderen nichts mehr, woran sie sich klammern und festhalten können. Alles wackelt und zerbröselt in ihren Händen. Kaum ist die Propaganda gegen den dümmlich-bösen Trump, gegen den kaltherzig-erzbösen Putin und für die Verschmelzung in der EU-Zentralregierung einmal still, kommen die Leute zur Besinnung und fragen sich, was sie selbst denn wissen, wollen und brauchen. Und was uns Menschen und den Kindern guttun würde. Aber die täglichen Fremdanweisungen des Systems fallen aus und der Ausnahmezustand bringt sie in desorientierte Starre.

Von den höchsten Posten purzeln die Mächtigen und haben nichts mehr zu melden außer ihren Abschied in die kosmische Quarantäne. Das Militär und seine Waffen werden gebraucht, um Sicherheit, Ruhe, Frieden und Wohlfahrt zu begründen. Die heliumgefüllten Aktienmärkte erholen sich schrittweise vom ungedeckten Falschgeld und nähern sich wieder dem Boden der Tatsachen. Die grenzenlosen Pseudowährungen knicken ein beim Anblick von echten goldgedeckten Währungen am Horizont, denen die Menschen wieder vertrauen können. Die heiligen, gekrönten und fotogenen Häupter müssen zur Beichte beim Militärtribunal und ihre Höllensünden gestehen, die mit Rücksicht auf die Nerven der Menschen besser weitgehend unveröffentlicht bleiben.

Nach vier Wochen viraler Medienhysterie wird die Welt eine andere sein. Dieser Virus kommt nicht bloß mit einem sanften Windhauch der Veränderung, sondern mit einem gewaltigen Sturm, der durch die Systeme fegt. Die große Reinigung findet unsichtbar statt, aber ihr Ergebnis wird sichtbar sein. Sobald die Angst abebbt, können wir uns auf den Weg der Genesung machen. Nach der Infektion kommt die große Rekonvaleszenz und Erholung.

Wie wir wieder ganz zu uns kommen

In schwankender Zeit gilt es, das Seine zu behaupten.
(Goethe)

Das Virus ist wirklich. Für die Ängstlichen ist es eine wirkliche Gefahr, für die Eifrigen eine wirkliche Aufgabe, für die Strebsamen ist es eine wirkliche Prüfung und für die Gelassenen eine wirklich kolossale Geschichte.

Wirklichkeit ist das, was wirkt. Sie selbst ist unsichtbar und das wollen wir nicht wahrhaben, weil Unsichtbares uns Angst macht. Wir haben nicht gelernt, einen Bezug zum Unsichtbaren herzustellen. Wir sind Fremde in der geistigen Welt des Wirklichen, weil wir fixiert sind auf das, was wir sehen und anfassen können.

Ein altes Heilmittel für die Abkopplung von der geistigen Welt und damit von der eigenen Psyche ist die Klage.

Wir haben uns angewöhnt, uns zu beschweren, aber zu klagen ist etwas anderes: die Klage macht uns leicht, weil wir uns selbst und unserem eigenen Erleben Gewicht geben. Nur wenn wir uns auf dieses (Ge)Wichtige, das Schwere in uns, einlassen, können wir im Körperlichen leicht werden.

Wer nur über die Dinge Bescheid wissen und reden will, der hält sich mit Oberflächen auf und widmet sich dem Un(ge)wichtigen. Ohne Eigengewicht und mit allzuviel Luft im Kopf werden wir zu Spielbällen der Welt und verlieren den Boden unter den Füßen. Abgehoben tänzeln wir dann von Attraktion zu Attraktion, lassen uns von Durchsage zu Durchsage leiten und drehen uns im Kreis. Von der Lenkung zur Ablenkung ist es nur ein kleiner Schritt.

Darin ist keine Nahrung für die Seele, die in solcher Verwahrlosung jämmerlich wird und sich nur noch beschweren kann. Warum? Weil sie ernst genommen werden will. Aber mit einer beschwerten Seele oder einem lähmenden Stein im Herzen können wir nicht leicht sein und die feinen Zwischentöne hören. Vor lauter Belastung hören wir nicht hin, weil wir glauben, zum ablenkenden Lärm zu gehören statt zur Stille.

Wir können nichts erkennen in uns, wenn wir nicht gelernt haben, in der inneren Dunkelheit zu sehen. Wir glauben, dass das, was wir in dieser Dunkelheit in uns finden würden, nur schlecht, schmutzig und falsch sei. Deshalb wenden wir uns ab von diesem ganzen Terrain in uns. Wir wollen bloß nichts mit uns selbst zu tun haben! Also brauchen wir Ablenkung.

Und so einseitig leben wir schon seit Jahrzehnten und haben die neurotische Gewohnheit der Verleugnung und Abspaltung von Generation zu Generation weiter vervollkommnet. Während wir nur noch das Helle und Leuchtende duldeten und unseren Korridor der Intoleranz immer enger werden ließen, wuchs der Schatten im Unsichtbaren ins Unermessliche und rüstete sich für seine Wiederkehr. Wie sollen wir all das Vergessene, Verurteilte und Ausgeschlossene nun wieder zurückholen und integrieren?

Die Klage wieder lernen

„…und schweigend bringt ihn die ältere Klage bis an die Talschlucht,
wo es schimmert im Mondschein: die Quelle der Freude.
In Ehrfurcht nennt sie sie, sagt: – Bei den Menschen ist sie ein tragender Strom.“
(Aus: R.-M. Rilke: Duineser Elegie X)

Ich möchte einen Vorschlag machen, der zunächst nur den Einzelnen ansprechen soll, auch wenn er mit der Zeit auch Wellen ins Kollektiv schlagen könnte.

Es könnte sich lohnen, wenn wir wieder lernen zu klagen und zu beklagen. In früheren Kulturen war die Klage fester Bestandteil wichtiger Rituale und wegen ihrer heilenden und vergeistigenden Wirkung galt sie als Kunst und Medizin zugleich.

Wir haben diese Kunst verloren und müssen erneut lernen, unserem Inneren, unserem eigenen Erleben und unserer eigenen Sichtweise eine Stimme zu geben. Dafür müssen wir die Sinnlosigkeit von „objektiven Daten“, „Informationen“ und rationalen Verfahren erkennen, wenn es um den Kern unseres subjektiven Erlebens geht: das Wesentliche. Wir müssen dafür wieder lernen, das Echo der Welt in uns selbst zu hören. Dann entdecken wir nicht nur uns selbst in der Resonanz auf die Welt, sondern auch das, was uns heil und ganz macht. Denn wenn wir bei uns sind, haben wir keine Angst.

Was auch immer „da draußen“ passiert oder angeblich passiert, welche Bilder auch immer wir geliefert bekommen: das Entscheidende ist, welche Bedeutung es in uns hat. Deshalb hört ein guter Arzt seinen Patienten zu und schenkt ihren Klagen Gehör – weil sie darin zu sich selbst finden. Und darin liegt auch die Heilungskraft. Deshalb sind so viele Großmütter, Großväter, Eltern, Freunde und viele andere für uns bessere Ärzte als viele Profi-Mediziner in den überfüllten Praxen. Auch ein Tagebuch, aus dem man sich die eigenen Klagen laut vorliest, kann diese heilende Wirkung haben, wenn wir uns dabei in ein aufrichtiges Lauschen begeben.

Es geht eben nicht um eine schnelle, technische, wissenschaftliche Lösung, die aus der alten Angst kommt und diese Angst und Abspaltung nur weiter befördert, sondern um das innere Gleichgewicht. Ein gutes Immunsystem – auch ein Bild des Geistes – beruht auf innerer Harmonie. Dann kann man auch über äußere Medizin nachdenken.

Die Klage kommt aus der ganz persönlichen Hinwendung nach innen, zum eigenen Gefühl, so dass wir unser Inneres sehen und Ein-sicht gewinnen können. Sie ist sehr intim und betrifft doch alle Menschen umso mehr, je tiefer sie ist. Eine solche Klage könnte zum Beispiel sein:

„Ich habe Angst. Wenn ich aufschaue oder nachts aufwache, dann sehe ich wie alle, denen ich vertraute, blind und hohl sind. Wie Puppen sprechen sie auf den Bildschirmen Tag und Nacht und bewegen ihre Kiefer ruckartig und hart unter ihren leeren Augen. Ich verstehe nicht, was sie von mir wollen. Wer hat ihnen ihren Text gegeben? Andere ausgehöhlte Blinde? Eine endlose Kette von Halbtoten, die sich ins Neonlicht stellen, aber kein Licht in sich tragen. Was für eine Pyramide aus geistiger Asche und seelischer Leere türmt sich da vor mir auf!

All die bunten Bilder, die mich täglich verfolgen, ersticken meine eigenen Träume und Fantasien. Ach, meine Träume! Habe ich welche? Als ich ein Kind war… aber selbst meine Erinnerung ist jetzt so dünn, dass sie überall reißt und sich auflöst. Wohin ist die Kraft meiner Kindheit gegangen? Es gab eine Zeit, da war ich ein Königskind und wusste es ohne Zweifel. Alle Märchen handelten von mir und erinnerten mich an mich selbst und an meine große Zukunft.

Und nun ist all meine Zukunft weggeben, restlos investiert in Versicherungen und Werbeversprechen, die sich nun um mich herum als lauter Krimskrams manifestieren. Ein Leben voller Krimskrams.

Ich hätte so gerne eine Fackel aus Finsternis, dass ich wieder das Dunkle zurückholen kann in diese grelle, schattenlose Bilderwelt ohne Tiefe und Ausgang. Ich weiß, dass jeder echte Ausgang dunkel ist, aber ich finde die Dunkelheit nicht mehr.

Und du, der du mich erlösen wolltest, warum stirbst du vor mir am Kreuz? Du sagst, du seiest stark und hättest die größte aller Kräfte auf deiner Seite, aber jetzt, da ich dich brauche, bist du nicht greifbar, sondern löst dich auf vor mir mit der Geste von einem, der sich hin- und weggibt. Du schweigst, wenn ich dich frage? Meine schmerzhaftesten Fragen habe ich dir entgegen geschrien, aber du schaust mich nur still an. Und wenn ich dir von meinen Freuden erzählte, dann weintest du nur ein wenig. Warum ist deine letzte Botschaft immer die von einem, der an ein Kreuz genagelt ist?“

Es geht bei einer solchen Klage nicht um die Antwort oder Lösung, sondern um die Kontaktaufnahme mit dem Unstimmigen, Schmerzhaften, Unheilen.

Vertrauen lernen

Hello darkness, my old friend,
I’ve come to talk with you again.
(Paul Simon, The Sound of Silence)

Zu keiner Zeit ist es wichtiger, uns auf uns selbst und unsere innere Stimme zu besinnen, als in Zeiten mächtiger kollektiver Veränderungen. In solchen Zeiten leben wir.

Mich auf mich zu besinnen, bedeutet nicht, mich misstrauisch zurückzuziehen und mich zu isolieren, sondern nach innen zu lauschen und die Anbindung an mich selbst und an das in mir zu finden, das so verlässlich ist wie die Schwerkraft. Dann finde ich mein Vertrauen wieder. Echtes Vertrauen beruht auf Selbstvertrauen. Aber Selbstvertrauen lernen wir nur dadurch, dass wir uns einmal jemandem anvertrauen konnten und uns gehört fühlten. Dazu kann die Klage dienen, weil sie hörbar macht, was uns in der Tiefe bewegt.

Leider sitzt in uns auch der Wahn sehr tief, dass wir im Zweifelsfall selbst am besten Bescheid wüssten und uns in der Not lieber auf nichts und niemanden verlassen. Deshalb strampelt der Ertrinkende auch dann noch wild um sich, wenn ein Rettungsschwimmer ihn an Land ziehen will. Wie häufig reißen wir so nicht nur uns selbst, sondern auch andere mit ins Unglück!

Wir alle schlafen besser, wenn wir wissen, dass die Männer, die geschworen haben, uns zu beschützen, da draußen ihre Arbeit intelligent und verlässlich machen. Das Gefühl von Sicherheit macht die Kinder ruhiger und die Frauen noch schöner. Und es gereicht den verantwortungsvollen Männern zu Ehren.

Vertrauen lernen bedeutet auch, sich helfen und retten zu lassen. Nicht aufzugeben, sondern sich schützen und hinaufziehen zu lassen. Sich nicht bloß auf die bekannten Werkzeuge, das geläufige Wissen und alte Gewohnheiten zu stützen, sondern sich aktiv mit dem zu verbünden, das neue, höhere und stärkere Kräfte anbietet. Dafür muss das Kleinliche, Enge, Gewohnte von uns sterben.

Vielleicht muss es sich von einem Virus angreifen und umwandeln lassen.

Das Heil der Finsternis

„Jetzt ist eure Stunde gekommen. Jetzt hat die Finsternis das Wort.“
(Christus in der Nacht auf Karfreitag;
Lukas 22,53)

Ganz bestimmt müssen wir uns dafür zuerst auf die Dunkelheit einlassen, auf das Nichtwissen und Nichtkönnen, die vielleicht 3 Tage in Ungewissheit, vielleicht die ganzen 7 Tage einer Karwoche oder vielleicht die 10 Tage dauert, die für eine derart virusgebannte (Welt-) Bevölkerung notwendig sein mögen. Die Dunkelheit ist die Vorbedingung für Transformation und sie umfasst das Gebot loszulassen.

In der Dunkelheit werden die Gegensätze vereint und zu einem neuen Ganzen verschmolzen. Was sich in der Welt des Lichts und des logischen Verstandes teilt in Ding und Schatten, Gut und Schlecht, Wollen und Ablehnen, Richtig und Falsch, Gesund und Krank, das liegt im Dunklen der Erde als ein Ursprung. Wenn wir bereit sind, durch das Dunkle zu gehen, durch Unwissenheit, Kummer, Depression, Mangel, Orientierungslosigkeit oder auch durch Angst, Zorn, Verzweiflung und Sucht, dann – und nur dann – können wir das Ganze des Lebens frei umfassen. Was sonst soll Freiheit auch sein?

Sonst bleiben wir immer in der Spaltung, die uns bequem ist, aber unvollständig macht. Alles von uns Ausgeklammerte und Weggeschobene kommt uns irgendwann als Schatten aus der Fremde wieder entgegen. Je länger wir es hinauzögern, desto heftiger und gewaltiger baut es sich vor uns auf. Das sehen wir an dem, was dieser „Virus“ mit uns macht. Je mehr wir uns einseitig als die Guten definiert haben und unsere Ängste mit Ideologien, Tabus und Aktionismus zuklebten, desto größer wächst der Schatten des Verdrängten um uns herum an und holt all diese Ängste mit ihren seltsam verzerrten Gesichtern in uns wieder hervor. Und so ernten wir stets die Feindschaft (Trennung), die wir gesät haben.

Wir können lernen, uns im Dunklen nicht mehr zu fürchten. Wir können darin unsere Heimat und unseren Ursprung wiedererkennen, so wie die Stille der Ursprung von Klang und Musik ist. Jeder kann lernen, sich dem eigenen Dunklen und Stillen zuzuwenden und auszusetzen. Und die eigenen Ängste, Tabus und Engstirnigkeiten willkommen zu heißen: „Sei gegrüßt, Dunkelheit, du meine alte Freundin. Ich wollte schon so lange einmal wieder mit dir sprechen…“

So verbinden wir uns wieder mit jenem Naturprinzip, das auch für die Psyche gilt: dass wir erst durch einen dunklen Geburtskanal hindurch müssen, bevor wir zu Ostern in ein neues Licht hineingeboren werden können. Nur so können wir Teil von der großen Genesungsbewegung werden, nach der wir uns so sehr sehnen und die uns aufnimmt und erhebt und heilt.

Quelle: https://catwise.de/10-tage-dunkelheit/#top